Chronik

Auszug aus der Festschrift "120 Jahre MGV Hartberg"

Liebe Leserinnen und Leser!

 

120 Jahre MGV Hartberg sind wahrlich ein Anlass zu feiern und unseren Verein auch entsprechend zu präsentieren und ins rechte Licht zu stellen.

Mit dieser Festschrift will ich nicht einen historischen Ablauf bzw. eine Kurzfassung unserer Vereinsgeschichte bringen, dies geschah letztmalig zur 110-jährigen Feier, sondern es ist mir ein Anliegen Bemerkenswertes hervorzuheben. Insbesondere das Wirken der Frauen in unserem Verein, bis jetzt eher spärlich dokumentiert, sollte auch einmal aufgezeigt werden. Aber auch wie sehr unser MGV im Laufe der Jahrzehnte durch zwei Kriege, einer Typhusseuche und anderen Umständen zu leiden hatte, soll erwähnt werden. Heute finden sich Gleichgesinnte aus allen Bevölkerungsschichten zusammen um gemeinsam zu singen, zu musizieren und zu feiern. Dabei sind auch so manch freundschaftliche Beziehungen entstanden, die für das  Zusammenleben von Menschen und deren Wohlbefinden immer wieder von großer Bedeutung sind.

Mit der Pflege des deutschsprachigen Liedes, dem Heimatlied und dem bewusst äußeren Erscheinungsbild in Tracht will der MGV auch seine kulturelle Verbundenheit und seine Heimatliebe zum Ausdruck bringen.

Gestatten sie mir zum Schluss noch eine Bitte: Wenn sie singen können und gerne singen, halten sie in ihrem gestressten Leben doch einmal inne. Überlegen sie, ob es nicht wert wäre, mit dem Beitritt zu unserem Verein, in einer sangesfreudigen Gemeinschaft und im gemeinsamen Singen, ein neues Lebensgefühl zu erreichen.

Ihr

ADir i. R. Gerhard Pichler

(ab 11.Sept. 2017 Ehrenobmann)

 

Entwicklung des Chorwesens

Einen Ansatz zum Männerchor kann man in der beginnenden Oper des 17. Jahrhunderts erblicken. 1625 ließ M. A. Rossi in "Erminia sul Giordano" einen Frauenchor von Najaden, 1626 D. Mazzocchi in "La catena d`Adone" einen Männerchor von Zyklopen auftreten. Seitdem ist in der Operngeschichte dem Männerchor eine ständige Funktion erhalten geblieben.

Mannigfaltig wie die Formen, in denen um die Wende zum 19. Jahrhundert im deutschsprachigen und verwandten Bereich die Ausbreitung des Männergesanges zu einer beherrschenden Erscheinung des Musiklebens ansetzte, waren auch die Gründe für diesen Vorgang. Die Anfänge erfolgten in verschiedenen Orten ziemlich gleichzeitig, aber mit unterschiedlichen Vorzeichen, oftmals simultan mit Gründungen gemischtchöriger bürgerlicher Singakademien.

Aus dem Bekenntnis zu Vaterlandsliebe, Mannhaftigkeit und Volkstum und aus dem Widerstand gegen die Restauration wuchsen dem Männergesangverein moralische Werte zu, die ihm bald den Charakter einer volksmusikalischen Bewegung mit politischem Hintergrund eintrug. Und da auch die Begegnung der Romantik mit dem Volkslied für den Männergesangsverein fruchtbar wurde, fühlte sich die Sangesbruderschaft der Männerchor - Bewegung allmählich zur Pflege des Liedes verpflichtet.

Die ersten Liederbände für Männerstimmen gingen im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts aus Männern vorbehaltenen Interessenssphären hervor: Freimaurertum, Studentenkreise und Jägerei.

 

Die erste Literatur für singende Männervereinigungen war vorwiegend noch einstimmig mit Klavierbegleitung. Die Chorsätze, die Michael Haydn 1788 als einer der ersten für Männerquartett veröffentlichte, sind schlichte vierstimmige Lieder für trinkfreudige Männergeselligkeit und leiteten in Österreich eine frühe rege Pflege des Männergesanges ein.

Die Gründung des MGV Hartberg

Hartberg zählte zu jenen Orten, in denen bis 1857 sogenannte "satzungslose" Liedertafeln und Liederkränze gebildet wurden. Diese Vereine pausierten oft einige Jahre, fanden sich dann - meistens wegen eines örtlichen Anlasses - wieder zusammen, lösten sich aber gleich darauf wieder auf. Sie führten so eine Art "unorganisiertes" Vereinsleben.

Die behördliche Anerkennung eines Gesangvereines wurde durch die gewaltsame Unterdrückung jedes Freiheitsgedankens und die Satzungsbestimmungen, nach denen als Übungsraum kein öffentliches Lokal gewählt und die Verbindung zu auswärtigen Liedertafeln nur nach Vorlage des Briefwechsels mit Bewilligung der politischen Behörde geführt werden durfte, fast unmöglich gemacht.

Erst nach der Niederlage Österreichs in Italien 1859 gegen französisch - sardinische Truppen wurde ein neues verfassungsmäßiges Leben eingeleitet (Oktober-Diplom 1860).

 

Laut Simmler wurde bereits im Jahre 1862 ein Verein gegründet, der unter der Leitung von Josef Schock, dem Lehrer Franz Blümel (von ihm stammt das Lied: "Der steirische Himmel"), und Anton Fritz  bis zu 70 Mitglieder zählte.

Karl Rappold erwähnte einige Male, dass der MGV Hartberg bei großen Veranstaltungen, wie dem ersten Bundesfest am 15. und 16. August 1863 in Graz mit der Einweihung der Festhalle in der Nähe des Burgtores, oder bei außerordentlichen Hauptversammlungen, z. B. am 12.3.1865 zur Abstimmung der Festlegung des Festortes des zweiten Bundesfestes in Frohnleiten, teilnahm.

 

In der Broschüre für das erste MGV – Mitglieder – Konzert am 8. Jänner 1865 (siehe oben abgebildeten Ausschnitt) ist auch der seinerzeitige Wahlspruch abgedruckt:

 

„Dem Morgen weicht die alte Nacht,

Die Sänger alle sind erwacht.

Die Lerche singt der Freiheit Lied,

Der Freiheit Lob – wir singen`s mit“.

 

Leider ist uns die Melodie dazu nicht erhalten geblieben.

 

 

Aufgrund eines Rechtsstreites der Bürgerkommune unter Bürgermeister Josef Oberhofer in der Wahljahrperiode ab 1867 wegen der Eigentumsverhältnisse im Ghartwald, ist anzunehmen, dass sich der MGV Hartberg, dessen Mitglieder ja vorwiegend aus dem Bürgertum stammten, 1868 auflöste. Dieser Streit, der sich über Jahre hinwegzog, dürfte auch die Ursache gewesen sein, warum sich die Gründung des MGV Hartberg nicht mehr auf das Jahr 1862 bezog. In der Vereinschronik scheint das Jahr 1881 als das Geburtsjahr des Männergesangvereines auf.

Gründungsobmann war Freiherr von Esebeck und erster Chormeister Ernst Höller, der auch den Wahlspruch von Ida Simmler „Freies Wort und froher Sang gibt dem Leben edlen Klang“ vertonte.

 

Der Wahlspruch

Wahlspruch des MGV Gem. Chor 1881,

verfasst im Jahre 1881 von Ida Simmler, vertont von Ernst Höller (erster Chorleiter des MGV Hartberg).

Die Vereinsfahne

 

Am 15. Juli 1883 war das Fest der Fahnenweihe. Der MGV erhielt seine erste Vereinsfahne. Frau Wilhelmine Kroath vertrat dabei die Fahnenpatin Frau Sophie Ressavar.

Leider ging diese Vereinsfahne in den Maitagen 1945, während der Besetzung Hartbergs durch die Russen, in Verlust. Vermutlich ziert sie irgendwo im Osten als Siegestrophäe ein Heeresmuseum.

Am 12.2.1952 wurde Alois Puchas zum Obmann gewählt und er setzte sich ab diesem Zeitpunkt vehement für die Anschaffung einer neuen Vereinsfahne ein. Doch woher das Geld nehmen? Der Ausschuss meinte: „Ja, wenn du soviel Geld hast, kannst bestellen!“ Ganz einfach! Und so war er täglich unterwegs für seine Idee, Stimmung zu machen, Fahnennägel zu verkaufen, Sponsoren zu finden usw. Keine Gasse, kein Haus hat er ausgelassen. Und spät in der Nacht ist er in seiner Werkstatt gesessen, er war ja Schneidermeister, und hat seine berufliche Arbeit gemacht.

Ihm sowie der Opferfreudigkeit seiner Sangesbrüder und der Bevölkerung Hartbergs ist es schließlich zu danken, dass in verhältnismäßig kurzer Zeit eine Fahne getreu der alten nachgemacht werden konnte. Es fand sich glücklicherweise der vergilbte Entwurf der alten Fahne. Mitte Juni 1952 wurde zur Fahnenweihe gerüstet.

Als Fahnenmutter waltete Frau Walpurga Mock, Gemahlin des SB Siegbert Mock, Fahnenpatinnen waren Frau Hansi Nedok, Frau Christl Bruck und Frau Maria Schönhofer. 17 Brudervereine waren zur Weihe eingetroffen und Hartbergs Bürgerschaft zeichnete sich durch Spenden, Beflaggung und Bekränzung der Fenster usw. aus. Die Weihe vollzog sich in würdiger Form unter Beisein aller hiesigen Honoratioren. Ehrenchormeister Hofrat Dr. Josef Schmidinger hielt die Festrede, Chormeister war Max Heider.

 

 

Die neue Vereinsfahne ab 1952

 

Das Vereinsabzeichen

Leider wurden immer wieder Klagen vorgebracht, dass das bis 1986 verwendete Abzeichen nicht zu tragen sei, weil es etwas mit der Nadel hätte und die Zweiteiligkeit unpraktisch wäre. Man ging also mit der Zeit und beschloss ein neues Emblem anzuschaffen.

Schade um das „Alte“, es war wunderschön.

Der MGV im Wandel der Zeit

Bald nach seiner Gründung konnte der MGV Hartberg unter dem rührigen Chormeister Ernst Höller und Obmann Esebeck erste öffentliche Auftritte verzeichnen.

Doch schon 1891 brachte der Vereinsausschuss selbst den Antrag auf Auflösung ein. Der Verein verlor mit seinem Chorleiter Ernst Höller, der einem Ruf nach Knittelfeld folgte, seine Seele, und die Lage wurde um so betrüblicher, da er auch kurz vorher seinen Vorstand verloren hatte.

Die Auflösung konnte jedoch abgewendet werden, indem man beschloss, wohl die Vereinstätigkeit aufrecht zu erhalten, nicht aber in die Öffentlichkeit zu treten.

Durch die glückliche Wahl Karl Freybergers zum Vorstand, des Schuldirektors Patritz Stern und hernach Wilhelm Köhler, die sich als Chormeister helfend und unterstützend beigesellten, waren alle Fährlichkeiten überwunden und durch etliche Jahre ein rühriges und ruhiges Vereinsleben gewährleistet.

Als ca. 1899 Chormeister Köhler nach Marburg und Vorstand Freyberger nach Cilli gingen, war der Verein bereits so gefestigt, dass dieses Ereignis seine Existenz nicht wesentlich erschüttern konnte.

Wie aus der „Geschichte der Stadt Hartberg“ (von Anbeginn bis 1914) von Johann Simmler zu entnehmen ist, erfreute sich der Verein mit seinen 40 Sängern großer Beliebtheit. So konnten bei einem im Sommer 1913 zu seinen Gunsten veranstalteten Rosenfest mit Blumenkorso ein Reinbetrag von 2000 Kronen erzielt werden.

Im Juli 1914 unternahm der Verein eine Sängerfahrt ins Deutsche Reich. Kaum heimgekehrt, wurde die lustige Sängerschar durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges überrascht. Viele Sänger mussten sofort einrücken und manch anderen traf es früher oder später. Von da an bis zum 12.10.1919 fehlen jegliche Aufzeichnungen.

 

Der MGV Hartberg im Jahre 1911

(mit Vereinsfahne, Trinkhorn und Vereinsabzeichen )

Im Oktober 1921 trat der gesamte Ausschuss wegen Unstimmigkeiten zurück, sodass in der Vollversammlung vom 21.1.1922 der Vorstand neu zu wählen war.

Liest man die privaten Aufzeichnungen von Direktor Peter Schellauf, so stellt man fest, dass gegen Ende der Dreißiger-Jahre die politische Luft immer dicker und der politische Einfluss immer mehr im Vereinsgeschehen wirksam wurde. Immer mehr wurden MGV – Auftritte behördlich angeordnet.

Dir. Peter Schellauf schrieb:

„Auf unserem Vereinsboden dienen wir unserem angestammten Volke deutscher Zunge ohne jede politische Bindung. Wenn wir nun dennoch zur Teilnahme an solchen Veranstaltungen herangezogen wurden oder werden sollten, so über „höhere Anordnung“ der wir uns nicht zu entziehen vermögen, bzw. vermochten.“

 

 

Durch das im Jahre 1939 eingetretene Kriegsgeschehen wurde die Zahl der Sänger immer kleiner, dennoch blieb der Verein mit seinem Hausorchester unter der so oft bewährten Leitung von Dir. Peter Schellauf und den Obmännern „Pepi“ Hallamayr und später Hans Kribernig aktiv.

Gefallene Sangesbrüder der beiden Weltkriege:

 

1. Weltkrieg (1914 bis 1918)

Hans Strobl

2. Weltkrieg (1939-1945)

 

Pailer Konrad

Jeitler Emmerich

Spindler Franz

Stachel Fritz

Goger Alfred

Sicher Leopold

Tunner Herbert

Kroath Max und

Böhm Erwin

Laminger Sepp

 

 

Sie verdienen es, ob ihres Opfertodes sehr wohl, von den Sangesbrüdern der Gegenwart in ehrender Erinnerung gehalten zu werden. Dies geschieht alljährlich am 31. Oktober am Heldenfriedhof, im Zusammenwirken mit dem Edelweißverein und der Stadtkapelle Hartberg, in sehr eindrucksvoller Weise.

In den Maitagen 1945 brauste die russisch-bolschewistische Soldateska über Hartberg bis in die Obersteiermark (Obdach, Judenburg, Oberzeiring, Hohentauern Selztal und Gesäuse) hinweg, wütete, raubte, vergewaltigte und schändete Mädchen und Frauen, missbrauchte Männer. Sie wurde von den Engländern im August abgelöst, die aber fluchtartig bei Ausbruch der Typhusepidemie gegen Ende des Jahres 1946 Hartberg verließen. Ein Achtel der Bevölkerung Hartbergs wurde von Gevatter Hein hinweggerafft. Den bereits totgesagten und in der Chronik so oft genannten  Chorleiter Dir. Peter Schellauf ließ ein gütiges Schicksal wieder auferstehen.

Als der Verein, anfänglich zaghaft, im Frühjahr 1948 seine Tätigkeit wieder aufnahm, fanden die Proben in der Wohnung des Chorleiters Leopold Matouschek (ein sudetendeutscher Flüchtling), der Organist der Dekanatskirche und Religionslehrer war, statt. Mit der Zunahme von Vereinsmitgliedern übersiedelte man bald in den Brandhof um nach Freigabe des angestammten Probenlokales wieder in die altvertrauten Räume „Zur Post“ zurückzukehren. Bei der Jahreshauptversammlung am 21. Jänner 1948 konnte dem Vereinsvorstand kein Stellvertreter zugeordnet werden, da von den 41 Vereinsmitgliedern alle übrigen politisch „belastet“ waren. Sie waren daher nach den damaligen staatlichen Verfügungen und Gesetzen weder wahlberechtigt noch wählbar, auch nicht für eine unpolitische, nichtstaatliche Institution, wie es unsere Gesangvereine sind. Doch das Vereinsleben ging weiter.

Dem rührigen Obmann Alois Puchas (Obmann vom 12.02.1952 bis 27.03.1962) gelang es, die Sänger des Männerchores für neue Leistungen zu begeistern und anzuspornen. Die meisten Mitglieder der Altherrenrunde sind in seiner Zeit zu unserem Verein gestoßen. Er war es auch, der die Idee des Gschnasfestes, damals im Brandhof veranstaltet, von Wien nach Hartberg brachte und damit eine von der Bevölkerung stürmisch angenommene Veranstaltung geschaffen hatte.

Es ist sicher erwähnenswert, dass bei diesen Gschnasfesten der Ballsaal extra ausgeweißt wurde, um auf die Wände lustige, künstlerisch gestaltete Figuren und Ornamente aufzumalen, die spätestens in einem Jahr, beim nächsten Gschnas, wieder entfernt wurden. Welch ein Aufwand und welche künstlerische Kreativität für nur eine einzige lustige Ballnacht aufgewendet wurden, ist für unsere Begriffe heute fast unvorstellbar.

 

Hartberger Gschnas im Brandhof

Ballsaaldekoration von Malermeister Hans Pacher

 

Für diese Tätigkeit und auch für die geschmackvolle Gestaltung unserer Urkunden wurde Malermeister Hans Pacher, ein biederer Südtiroler, zum außerordentlichen Mitglied ernannt. Viele künstlerische Arbeiten in unserem Bezirk, wie das Sgraffito am Stibor- Haus und bei unserem Sangesbruder Josef Semmler in Hartberg, stammen von ihm.

Während sich der Gem. Chor mit seiner neuen Chorleiterin Elli Leitner (siehe auch Kapitel „Die Frauen im MGV“) immer besser entwickelte, viele neue Sängerinnen und Sänger kamen hinzu, und in weiterer Folge einen Erfolg nach dem anderen verbuchen konnte, begann es im Männerchor zu kriseln.

Die jährlichen Aufrufe der Obmänner und Chorleiter, sowie das Bemühen der Vereinsmitglieder um Sängernachwuchs, blieben erfolglos. 1984 tritt Dir. Rudolf Tomschitz als Chorleiter zurück und sein Nachfolger HL Heinz Schwarzenegger wirft ebenfalls zwei Jahre später aus beruflichen Gründen das Handtuch und tritt zurück. Das Durchschnittsalter der Sänger (laut Alois Lang) näherte sich unweigerlich der Veteranengrenze, und wenn nicht bald etwas geschah, musste man mit dem Schlimmsten, nämlich der Auflösung des Männerchores rechnen.

Aber das Schicksal meinte es gut mit dem Männerchor.

Es ist dem Sangesbruder Alfred Neuhold zu danken, der mit dem in seiner Nachbarschaft wohnenden ehemaligen „Regens chori“ des Kirchenmusikvereines Rudolf Löschberger Vorgespräche führte und schließlich die Zusage erhielt: “Ich will’s versuchen“.

In sieben Punkten legte er seine Forderungen dar:

§         Alterslimit

§         Trennung des Probentages der beiden Chöre

§         Probenlokal kein Gasthaus; kein Alkohol während der Probe

§         Regelmäßiger Probenbesuch

§         Mindestens ein Jahr keine öffentliche Aufführung

§         Neubeitretende haben sich einer Stimmprobe zu unterziehen

§         „Ich mache das nicht umsonst“!

Damit dürfte wohl allen Chormitgliedern klar geworden sein, dass sich insbesondere hinsichtlich des Alterslimits einiges ändern würde und viele verließen den Chor.

Das war 1988 auch die Geburtsstunde der Altherrenrunde, eine lose, aber mit Statuten ausgestattete somit unabhängige Untergliederung des MGV, deren Mitglieder sich zur Muse des Gesangs verpflichtet fühlen und sich zur Kameradschaftstreue bekennen.

Rudolf Löschberger, Chorleiter ab 31. März 1987, erweckte den Männerchor mit fast unglaublicher Zielstrebigkeit und Geduld in nur knapp zwei Jahren zu neuem Leben.

Als neues Probenlokal konnte ein Raum in der Musikschule Hartberg gewonnen werden.

Aus seiner Zeit beim Kirchenchor kannte er eine erkleckliche Anzahl von Tenören und Bässen, die seinerzeit von ihm beim Kirchenchor eine Grundausbildung erhalten hatten. Von diesen, zum Teil „brachliegenden Ehemaligen“, konnte eine stattliche Anzahl von Sängern zum Vereinseintritt bewegt werden. Außerdem verstand er es, eine Welle der Begeisterung für den Männerchor zu wecken.

Die beiden Chordarbietungen bei der Heldenehrung mit dem Edelweißverein und das adventliche Singen im Altersheim ließen erstmals aufhorchen. Mit der Mitwirkung bei der Schlosshofserenade mit dem Chorwerk der „Forelle“, einer 10 Variationen Kantate ist schließlich der Durchbruch zu einem bemerkenswerten Klangkörper gelungen.

Als im September 1989 HL Heinrich Wollinger die Chorleiterstelle übernahm, stand ihm ein ausgezeichneter Klangkörper zur Verfügung. Zahlreiche Auftritte, die zum Teil schon zur Tradition wurden, wie die Liedertafeln, die Maiandachten auf der Spielstätte und im Schloss Neuberg, usw. bereichern das kulturelle Leben in Hartberg. Mit der Präsentation der 1. CD des MGV Hartbergs anlässlich des 120. Bestandsfestes wird schließlich ein neuer Höhepunkt chorischer Leistung im Männerchor und Gem. Chor erbracht.

In Gedenken an die vergangene Krise bleibt jedoch zu hoffen, dass viele junge, sangesfähige und sangesfreudige Männer unserem Verein beitreten und damit der Fortbestand dieser schönen, kameradschaftlichen Singgemeinschaft zur eigenen Freude und zur Freude anderer erhalten bleibt.

 

Die Frauen im MGV Hartberg

Hier ist wohl an erster Stelle Frau Ida Simmler zu nennen, die anlässlich unserer Vereinsgründung 1881 die Worte des Wahlspruches schrieb und damit für sich und uns ein unvergessliches Denkmal setzte (siehe auch Seite 10).

Noch im selben Jahr widmeten die Sängerinnen und Sänger Hartbergs Herrn Dechant Stefan Seedoch anlässlich der Dekorierung mit dem „Goldenen Verdienstkreuz mit der Krone“ einen Weihegesang.

Weibliche Stimmen wurden in den ersten Jahren nach der Vereinsgründung von Fall zu Fall zum Gem. Chor herangezogen. Anton Bogner, Chormeister von 1899 - 1920, gebührt der Verdienst, einen förmlichen Damenchor geschaffen und dem Männer-Gesang-verein angegliedert zu haben. Anlässlich des 25-jährigen Vereinsbestandes (1906) sang der Gem. Chor des MGV Hartberg aus der Oper Tannhäuser von R. Wagner den „Einzug der Gäste auf der Wartburg“. Aus der Festschrift zum 25- jährigen Vereinsjubiläum von Johannes Simmler geht hervor, dass die schönsten Leistungen dem vereinten Zusammenwirken beider Chöre entsprangen.

Damenchor 1921 mit Chorleiter Anton Bogner
Damenchor 1921 mit Chorleiter Anton Bogner

1922 scheint als Damenchor-Sangwart Adolf Höfler auf.

Die „Kump-Chronik“ berichtet: (1929)  „ .......und als Abschluss des Kalenderjahres im Brandhof in Hartberg unter Mitwirkung des hiesigen Frauenchores eine Sylvesterfeier“.

Alois Lang berichtet, dass nach Überlieferung in der Zwischenkriegszeit, in enger Zusammenarbeit mit dem damaligen Kirchenchor, für Aufführungen gemischt gesetzter Chorwerke, dem MGV Frauenstimmen zur Verfügung standen.

Damit wäre auch das Ausrücken des Vereines zu folgenden Anlässen begründet:

Im Mai 1934 wurde Sangesschwester Mizzi Haas als 25-jähriges Mitglied des Kirchenchores gefeiert.

Am 8. Juli 1935 heiratete die Sangesschwester Minna Kirchsteiger, am 4. Mai 1936 Sangesschwester Christl Weinhandl, und weil solche Sachen ansteckend wirken, rückte der Verein auch anlässlich der Verehelichung von Sangesschwester Steffi Götz am 11. Mai 1936 zu einem Hochzeitsständchen aus.

Von nun an bis weit nach Ende des 2. Weltkrieges fehlen jegliche Aufzeichnungen bzw. Hinweise über Tätigkeiten eines Frauen- bzw. Gemischten Chores im MGV Hartberg.

Im Jahr 1951 hat Chorleiter Dir. Max Heider den „Singkreis Musikschule“ ins Leben gerufen. Dieser Gem. Chor, die Männerstimmen kamen aus dem MGV, war zur Aufführung von „größeren“ Werken unumgänglich und aus diesem Grund geschaffen worden.

Ab 1953 wird berichtet, dass der neue Chorleiter Karl Ernst Hoffmann gemeinsam mit dem Singkreis und auch dem Kammerorchester der Musikschule Veranstaltungen durchführte (z. B. die Schlosshofserenade, ein Konzert zum 125. Todestag von Franz Schubert usw. ).

Zum 75-jährigen Vereinsjubiläum überreichte Fahnenmutter Burgi Mock (Gattin von SB Siegbert Mock) dem Obmann unseres Vereines, Alois Puchas, ein schönes Erinnerungsband, das von den Frauen Hartbergs gestiftet wurde.

Am 28 Juni 1968 wird von einer Sängerreise mit dem Gem. Chor nach Passail berichtet.

 

Und plötzlich lässt ein Name aufhorchen:

Elli Leitner, Chorleiterin des Gem. Chores Hartberg.

Von nun an wird immer öfter von den Leistungen des Gem. Chores im MGV Hartberg berichtet:

§         „Liederabend“ am 11.5.1972

§          „Schlosshofserenade 1972“,

§         „Grüner Abend“ in Penzendorf am 19.5.1974

§         „Schlosshofserenade 1974“

§         „Hartberger Abend“ 7.5.1975

§         „Johann Strauss Konzert“ 26.11.1975 usw.

Bei der Jahreshauptversammlung am 3.Feb.1976 wurden die Angehörigen des Gem. Chores, soweit sie nicht schon dem MGV Hartberg angehörten, aufgrund ihres verdienstvollen Wirkens während mehrerer Jahre, als aktive Mitglieder in den MGV Hartberg aufgenommen.

Für ihre Vertretung wurde ein eigener Sangrat bzw. Sangrätin in die Vereinsleitung gewählt:

a)      Herta Spirk und

b)      Anna Lind.

 

Ab 2. Mai 1978 ist der Gem. Chor unter der Leitung von Elli Leitner, Gattin des damaligen Obmannes Dir. Alfred Leitner, ein fester Bestandteil des Vereines.

Am 8. März 1983 wurde der Name des Vereines in Berücksichtigung auf den Gem. Chor von „MGV Hartberg“ auf „Gesangverein Hartberg – 1881“ geändert.

Den heutigen Namen erhielt der Verein auf Antrag des Obmannes Dir. Alfred Leitner bei der Jahreshauptversammlung am 18. September 1986:

„Männergesangverein – Gemischter Chor Hartberg 1881“

Unter Chorleiterin Elli Leitner erlebte der Gem. Chor Hartberg einen ungeahnten Aufschwung. Es würde ein eigenes, großes Kapitel erforderlich machen, um ihre Leistungen aufzuzählen und entsprechend zu würdigen. So sollen stellvertretend für die vielen großartigen Aufführungen und sängerischen Chorleistungen nur zwei besonders bemerkenswerte Veranstaltungen hervorgehoben werden:

1.) Der „Musical – Abend“ im Juni 1985

Die Aufführenden waren:

a)      der Gem. Chor des MGV Hartberg unter der bewährten Leitung von Chorleiterin Elli Leitner und

b)      die Combo Begleitung: Klavier: Irene Gernert, Bass: Alois Lugitsch und Schlagzeug Franz Gruber.

Es wurden Chöre und Solis aus „My fair Lady, West Side Story, Oklahoma und Cancan“ gesungen.

Auf Grund des Riesenerfolges musste die Aufführung wiederholt werden.

2.) Der „Samba – Rumba – Musical – Abend“

am 21. und 28. 4. 1990 in Hartberg und am 30.4.1990 in Friedberg.

Mitgewirkt haben:

a)      der Gem. Chor des MGV Hartberg, wieder unter der bewähren Leitung von Chorleiterin Elli Leitner,

b)      das Gitarrenensemble der Musikschule Hartberg unter der Leitung von Mag. Alois Lugitsch,

c)      Musikbegleitung: Irene Gernert, Klavier; Franz Gruber, Schlagzeug; Thomas Kreiner, Bass;

d)      Flora Hutz, Sopransolo; Helga Wutzl, Tanz;

e)      Bühnenb.: Prof. F. Tauss mit Schülern des BORG Hartberg.

 

Als Elli Leitner 1990 als Chorleiterin Abschied nahm, hat sie sich mit ihren Leistungen wohl ein bleibendes Denkmal geschaffen.

Herr Josef Schmelzer-Ziringer, der im Herbst 1990 die Chorleiterstelle angetreten hatte, übernahm einen bestens dastehenden Chor.

Natürlich hatte es der neue Chorleiter schwer, mit Sängerinnen und Sängern zu arbeiten, die über Jahrzehnte durch unsere Chorleiterin Elli Leitner geprägt waren. In seiner Zeit aber erneuerte sich der Chor rasch, viele Sängerinnen verließen den Chor und viele kamen dazu – und das war gut so – der Chor verjüngte sich. Chorleiter Josef Schmelzer-Ziringer leistete wertvolle Aufbauarbeit und viele schöne und lustige Veranstaltungen mit ihm bereicherten das Vereinsleben. Für seine Arbeit sei ihm hier an dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt.

Mit 5. Jänner 1999 übernahm Mag. Gernot Höfler die Chorleiterstelle des Gem. Chores. Er erfreut sich heute bei den Sängerinnen und Sängern großer Beliebtheit, wohl auch ob seiner jungen, dynamischen Art und öffentliche Auftritte mit ihm werden immer zu einem besonderen  Erlebnis.

 

1. Jänner 2023

Turbulente Zeiten

 

Voll Hoffnung und Zuversicht begann das Jahr 2023. Lautstark, mit Leuchtraketen und Knallern wurde es begrüßt. Jeder feierte nach seiner Art und so, wie man es schon längst immer tat.

Das Leben geht weiter. Am Silvestertag starb der emeritierte Papst Benedikt der XVI.

In der Ukraine ging der Angriffskrieg der Russen mit unverminderter Härte weiter.

Man betete für den Frieden, beweinte die vielen Toten auf beiden Seiten der Schlacht und bewunderte den Mut der ukrainischen Bevölkerung.

In Österreich und in Europa haben zwei Jahre Coronapandemie ihren Schrecken verloren. In China flammte sie nach Aufhebung der Zwangsisolierung mit unverminderter Heftigkeit wieder auf.

Als Chronist ist es mir ein besonderes Anliegen, die Entwicklung unseres Vereines während der letzten Jahre, insbesondere in der Zeit der Coronapandemie darzustellen.

Halten wir inne, werfen wir einen Blick zurück und erinnern uns daran, was alles geschah:

Nach meinem Rücktritt als Obmann des MGV am 12.09.2017 übernahm Heinz Schwarzenegger dieses Ehrenamt. Da die Vereins-Leitung den Verein möglichst schlank führen wollte, wurde die Anzahl der nicht aktiven Mitglieder stark reduziert.

Dazu kommt, dass in den letzten zwei Jahren der Corona-Virus wütete. Zahlreich Sänger erkrankten daran und einige auch an deren Langzeitfolgen. Viele Proben fielen aus oder konnten nur beschränkt abgehalten werden. In dieser Zeit gab es auch keine Vereinsausflüge.

Leider machte sich auch der gesundheitliche Zustand unseres Chorleiters, der an den Folgen einer Zuckerkrankheit leidet, bemerkbar. Schließlich war seine Sehkraft so schwach, dass er kaum noch die Noten am Klavier erkannte, bis nicht nur er, sondern auch immer mehr Sänger von den Chorproben fernblieben.

Noch Obmann Heinz Schwarzenegger legte schließlich sein Amt am 17. November 2022 nieder und versuchte mit einer kleinen Gruppe außerhalb des MGV, wie schon seit mehr als zehn Jahren üblich, auch im Rahmen von Auftritten zu singen.

Viele bemühten sich nicht mehr um den einst von den Hartberger Bürgern so stolz getragenen MGV Hartberg 1881, sondern sahen, falls nicht doch noch irgendein ein Wunder geschieht, mehr oder weniger seinem unverdienten Ende entgegen.

Doch dem Himmel sei es gedankt, es kam anders.

Prof. Mag. Alfred Ertl fand sich mit dieser Situation nicht ab. Ich will singen, ich will singen, ich will singen, sprudelte es aus ihm förmlich heraus. Er übernahm die fast aussichtslose Initiative auf Erfolg und erklärte sich bereit, den Verein ab 17.09.2022 als dessen Obmann weiterzuführen.

Und das Wunder nahm seinen Lauf: Innerhalb kürzester Zeit kamen fast alle fern gebliebenen Sänger wieder zu den Chorproben. Auf Grund seiner positiven Ausstrahlung und seiner gewinnenden Werbung konnte Mag. Alfred Ertl für unseren Verein mehrere neue Sänger und Frau Rohrhofer Monika als neue Chorleiterin gewinnen. Damit war fürs erste das Weiterleben des Männerchores im MGV Hartberg gesichert.

Natürlich wurde auch wieder der älteren, noch nicht aus dem Verein ausgeschiedenen Sänger, gedacht und diese beworben.

In diesem Zusammenhang wurde dem Chorleiter Heinrich Wollinger ein Besuch abgestattet, in dessen Rahmen er feierlich von der Sängerschar zum Ehrenchorleiter ernannt und vom Bürgermeister der Stadt Hartberg, Ing. Marcus Martschitsch, mit der Ehrenplakette geehrt wurde.

Mit diesem Bericht schließe ich nun meine Tätigkeit als Chronist ab und wünsche meinem bereits ernannten Nachfolger Mag. Walter Horvath alles Gute und dem MGV Hartberg 1881 ein gedeihliches langes Leben zum Wohle der Sängerschar und seiner Freunde.

Gerhard Pichler, ADir i. R.

 


 

Freies Wort und froher Sang

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